image: Inflammation and mitochondrial function as mechanisms in accelerated aging (AA) across substance use disorders (SUDs). This figure presents a proposed model linking genes associated with neuroinflammatory and oxidative stress-related pathways across three major SUDs when comparing accelerated aging positive (AA+) and accelerated aging negative (AA−). Genes that are shown in yellow were observed in aging-related pathways within AUD, while the ones in green were observed in aging-related pathways within StUD, and the ones in blue within OUD. The nuclear factor-kappa B (NF-κB) pathway is activated by genes such as NR4A3, TRIM21, IFITM2, IFITM3, and IL-32, which are involved in inflammatory signaling and immune regulation and might contribute to the production of proinflammatory cytokines (e.g., IFN-α, IFN-γ , TNF-α, IL-6) that may exacerbate neuronal damage. Furthermore, the TXNIP and HDAC1 contribute to inflammasome activation, leading to
increased Caspase-1 activity and the subsequent maturation of IL-1β and IL-18, promoting neuroinflammatory responses. Future studies might investigate the role of NLRP3 as a central component in stimulant-induced neuroinflammation in this mechanism. Finally, the upregulation of NOS3, TXNIP, CSF1, HTR2A, HDAC1, EDN1, THBS1, and RELN is linked to vascular dysfunction, cellular stress, and neurodegeneration, might contribute to mitochondrial dysfunction and oxidative
stress (ROS).
Credit: Consuelo Walss-Bass
HOUSTON, Texas, USA, 29. April 2025 – In einem umfassenden Genomic Press Interview haben Forscher der UTHealth Houston entscheidende Belege dafür aufgedeckt, dass Substanzkonsumstörungen (SKS) die biologische Alterung des Gehirns durch verschiedene molekulare Mechanismen beschleunigen. Die wegweisende Studie, die heute in Genomic Psychiatry veröffentlicht wurde, untersucht, wie verschiedene Substanzen wie Alkohol, Opioide und Stimulanzien den Alterungsprozess des Gehirns auf molekularer Ebene beeinflussen und möglicherweise erklären, warum Personen mit SKS häufig frühzeitig altersbedingte Erkrankungen entwickeln. Begleitend zum Forschungsartikel erscheint ein aufschlussreicher Leitartikel mit dem Titel "Das vergessene Uhrwerk des Gehirns: Die beschleunigte Alterung bei Substanzkonsumstörungen entwirren", verfasst von Dr. Julio Licinio, Chefredakteur von Genomic Psychiatry.
Revolutionäres Studiendesign und Methodik
Das Forschungsteam unter der Leitung von Dr. Bruno Kluwe-Schiavon, Dr. Gabriel Fries und Dr. Consuelo Walss-Bass analysierte Hirngewebe von 58 Spendern mit SKS, um differenzielle Alterungsmuster mithilfe spezialisierter epigenetischer Uhren zu bewerten, die speziell für Hirngewebe entwickelt wurden. Im Gegensatz zu früheren Studien, die sich auf allgemeinere epigenetische Alterungsmarker stützten, setzte diese Untersuchung gehirnspezifische Werkzeuge (DNAmClockCortical, CerebralCortexClockcommon und PCBrainAge) ein, um eine präzisere Bewertung der neuronalen Alterung zu ermöglichen.
"Unsere Studie ist die erste, die beschleunigte Gehirnalterung bei Substanzkonsumstörungen mithilfe von epigenetischen Uhren untersucht, die speziell für Hirngewebe entwickelt wurden", erklärt Dr. Kluwe-Schiavon. "Dieser Ansatz ermöglichte es uns, einzigartige Aspekte des Alterungsprozesses im Gehirn zu erfassen, die mit allgemeineren Methoden möglicherweise übersehen worden wären."
Die Forscher konzentrierten sich auf den dorsolateralen präfrontalen Kortex, eine Hirnregion, die für Entscheidungsfindung und exekutive Kontrolle zentral ist und besonders anfällig für Suchterkrankungen ist. Inwieweit könnten diese Erkenntnisse den hohen Rückfallquoten bei Suchterkrankungen zugrunde liegen, selbst nach längeren Abstinenzphasen? Durch die Untersuchung von postmortalem Hirngewebe und die Durchführung anspruchsvoller Genexpressionsanalysen identifizierte das Team spezifische molekulare Signaturen, die mit beschleunigter Alterung bei verschiedenen SKS verbunden sind.
Substanzspezifische Alterungsmechanismen aufgedeckt
Eine der bedeutendsten Erkenntnisse der Studie war, dass verschiedene Substanzen die Gehirnalterung offenbar durch unterschiedliche biologische Signalwege beschleunigen. Bei Alkoholkonsumstörungen fanden die Forscher eine veränderte Expression von Genen, die an der Proteinphosphorylierung, Signaltransduktion und glutamatergen Synapsenfunktion beteiligt sind. Bei Opioidkonsumstörungen erwiesen sich transkriptionelle Regulation, Neuroentwicklung und immuninflammatorische Prozesse als Haupttreiber der beschleunigten Alterung. Die Stimulanzienkonsumstörung zeigte ausgeprägte Muster im Zusammenhang mit oxidativem Stress, Hypoxiereaktionen und Zelladhäsionswegen.
Dr. Walss-Bass betont die Bedeutung dieser Ergebnisse: "Wir haben entdeckt, dass beschleunigte Alterung bei Substanzkonsumstörungen kein einheitlicher Prozess ist. Jede Substanz scheint den natürlichen Alterungsrhythmus des Gehirns durch einzigartige molekulare Mechanismen zu kapern, obwohl einige Signalwege bei verschiedenen Substanztypen gemeinsam genutzt werden."
Könnten diese Erkenntnisse zu personalisierten Behandlungen führen, die auf die spezifische Art der konsumierten Substanz zugeschnitten sind? Experten deuten an, dass das Verständnis dieser Unterschiede die therapeutischen Ansätze in naher Zukunft revolutionieren könnte.
Mitochondriale Dysfunktion: Ein gemeinsamer Nenner
Trotz der Unterschiede zwischen den Substanzen identifizierte die Forschung einige gemeinsame biologische Mechanismen bei allen SKS. Neuroinflammation, oxidativer Stress und mitochondriale Dysfunktion schienen unabhängig von der spezifischen konsumierten Substanz eine entscheidende Rolle bei der beschleunigten Alterung zu spielen.
"Unsere integrative Analyse deutet darauf hin, dass die mitochondriale Funktion, das Kraftwerk der Zelle, zentral für die Aufrechterhaltung der zellulären Energiehomöostase und die Regulierung von oxidativen Stressreaktionen ist", bemerkt Dr. Gabriel Fries, Ko-Korrespondenzautor der Studie. "Wenn der Substanzkonsum diese Prozesse stört, kann er die biologische Alterung des neuronalen Gewebes beschleunigen."
Implikationen für öffentliche Gesundheit und Behandlung
Die Ergebnisse haben tiefgreifende Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit, Suchtmedizin und Behandlungsansätze. Wenn Substanzkonsum vorzeitige biologische Alterung induziert, sollte er nicht nur als Verhaltensgewohnheit, sondern als Beschleuniger der Neurodegeneration betrachtet werden.
"Was wir als Rückfall bezeichnen, könnte manchmal die kognitive Erschöpfung eines vorzeitig gealterten Kortex sein", schlägt Dr. Kluwe-Schiavon vor. "Diese Perspektive verändert unsere Denkweise über Suchtbehandlung und Genesung."
Die Forschung öffnet die Tür zu einem neuen Feld, das die Autoren als "Psychiatrie des Alterns bei jungen Menschen" beschreiben. Könnte eine Epidemie vorzeitiger kognitiver Beeinträchtigungen bei jüngeren Bevölkerungsgruppen aufgrund des zunehmenden Substanzkonsums im Entstehen begriffen sein? Die Studie fordert Längsschnittuntersuchungen, die Individuen durch Abstinenz, Rückfall, Remission und Abbau verfolgen, sowie integrative Biomarker-Panels, die Methylierung, Genexpression und Neuroimaging kombinieren.
Redaktionelle Perspektive
In seinem begleitenden Leitartikel bietet Dr. Julio Licinio eine zum Nachdenken anregende Perspektive zu den Implikationen der Studie. "Es geht hier nicht nur um die Frage, ob Drogen töten. Das wissen wir bereits. Die tiefere Frage, provokativ und neu, dank dieser anatomisch fundierten Arbeit, ist, ob Drogen das Gehirn altern lassen", schreibt Dr. Licinio. Er betont, dass die bei Substanzkonsumstörungen beobachteten Alterungseffekte "weder kosmetischer noch metaphorischer Natur sind. Sie sind zellulär. Sie sind molekular. Und sie sind in das methylierte Terrain des Genoms eincodiert."
Dr. Licinio weist darauf hin, dass die Ergebnisse Auswirkungen weit über das Labor hinaus haben und in die öffentliche Gesundheit, Suchtmedizin, Strafjustiz und Bildungspolitik reichen. "Wenn Substanzkonsum vorzeitige biologische Alterung induziert, dann müssen wir ihn nicht nur als moralisches Versagen oder Verhaltensgewohnheit betrachten, sondern als Beschleuniger der Neurodegeneration", argumentiert er.
Zukünftige Forschungsrichtungen
Während die Studie wertvolle Einblicke liefert, erkennen die Forscher mehrere Einschränkungen an, darunter die relativ kleine Stichprobengröße und das Querschnittsdesign, was kausale Interpretationen einschränkt. Sie fordern zukünftige Forschung mit größeren Kohorten und Längsschnittdesigns, um ihre Ergebnisse zu bestätigen und die Mechanismen der beschleunigten Alterung bei verschiedenen SKS weiter aufzuklären.
Eine faszinierende Frage, die aus dieser Forschung hervorgeht, ist, warum manche Gehirne unter ähnlichen pharmakologischen Bedingungen schneller verfallen als andere. Könnte es prädisponierende genomische Signaturen geben, entweder genetische Anfälligkeiten oder epigenetische Narben, die durch frühe Widrigkeiten hinterlassen wurden, die manche Individuen biologisch anfälliger für substanzinduzierte Alterung machen?
"Wenn man optimistisch sein muss, und das muss man, selbst angesichts molekularer Entropie, dann markieren diese Erkenntnisse vielleicht den Beginn einer therapeutischen Neuausrichtung", schlägt Dr. Licinio in seinem Leitartikel vor. "Anti-Aging-Interventionen, lange Zeit die Obsession der kosmetischen Medizin und der Biohacker aus dem Silicon Valley, könnten bald ihre ethisch dringlichste Anwendung in der Suchtpsychiatrie finden."
Der Forschungsartikel in Genomic Psychiatry mit dem Titel "Deciphering the molecular basis of accelerated biological aging in substance use disorder: Integrative transcriptomic analysis" ist ab dem 29. April 2025 über Open Access in Genomic Psychiatry unter folgendem Hyperlink frei verfügbar: https://doi.org/10.61373/gp025a.0029.
Der begleitende Leitartikel in Genomic Psychiatry mit dem Titel "The forgotten clockwork of the brain: Untangling accelerated aging in substance use disorders" ist ebenfalls ab dem 29. April 2025 über Open Access in Genomic Psychiatry unter folgendem Hyperlink frei verfügbar: https://doi.org/10.61373/gp025d.0035.
Über Genomic Psychiatry
Genomic Psychiatry: Advancing Science from Genes to Society (ISSN: 2997-2388) stellt einen Paradigmenwechsel in genetischen Fachzeitschriften dar, indem Fortschritte in Genomik und Genetik mit Fortschritten in allen anderen Bereichen der zeitgenössischen Psychiatrie verwoben werden. Genomic Psychiatry veröffentlicht hochwertige medizinische Forschungsartikel aus jedem Bereich innerhalb des Kontinuums, das von Genen und Molekülen bis hin zu Neurowissenschaften, klinischer Psychiatrie und öffentlicher Gesundheit reicht.
Journal
Genomic Psychiatry
Method of Research
Experimental study
Subject of Research
People
Article Title
Deciphering the molecular basis of accelerated biological aging in substance use disorder: Integrative transcriptomic analysis
Article Publication Date
29-Apr-2025
COI Statement
The corresponding author had full access to all the data in the study and had final responsibility for the decision to submit for publication. All authors have declared no conflict of interest.