Die Kombi macht’s: Haferflocken- plus Maggi-Duft ergibt Walnussaroma
Ein Forschungsteam des Leibniz-Instituts für Lebensmittel-Systembiologie an der Technischen Universität München hat das Aroma von Walnusskernen analysiert und den zugrundeliegenden „Geruchsstoffcode“ entschlüsselt. Wie das Team erstmals zeigt, entsteht das typische Walnussaroma durch die Kombination zweier Geruchsstoffe, die in den Nüssen ungefähr in einem Eins-zu-eins-Verhältnis vorliegen. Es handelt sich um die nach Maggi riechende Substanz Sotolon, die als Einzelkomponente unter anderem das Aroma von Liebstöckel prägt. Die zweite Verbindung mit dem Namen (2E,4E,6Z)‑Nona-2,4,6-trienal ist aus Haferflocken bekannt und dort für den typischen Geruch verantwortlich.
Britische Wissenschaftler hatten bereits vor ca. 50 Jahren zahlreiche flüchtige Substanzen aus Walnüssen olfaktorisch charakterisiert. Keine der von ihnen gefundenen Verbindungen wies jedoch eine spezifische Walnussnote auf. Hieraus schlossen die Forscher, dass das charakteristische Walnussaroma auf einer Kombination von Geruchsstoffen beruht. Trotz dieser Erkenntnis und weiterer Versuche blieb jedoch bis heute ungeklärt, welche geruchsaktiven Verbindungen für das Walnussaroma ausschlaggebend sind.
50 geruchsaktive Verbindungen identifiziert
Um dieser Frage nachzugehen, analysierte das Team des Freisinger Leibniz-Instituts unter Führung von Martin Steinhaus frische, getrocknete Walnusskerne. Insgesamt identifizierte das Team 50 infrage kommende geruchsaktive Verbindungen. Nachfolgende quantitative Analysen ergaben jedoch, dass nur 17 der gefundenen Substanzen in geruchsrelevanten, das heißt, mit der Nase wahrnehmbaren Konzentrationen in den Nüssen enthalten waren.
Basierend auf diesen Ergebnissen führte das Team zusätzliche Aromarekonstruktions- und Weglassexperimente durch, in denen es unterschiedliche Kombinationen der geruchsrelevanten Verbindungen sensorisch bewertete. Dabei wiesen die Forschenden erstmals nach, dass die Mischung aus Sotolon und (2E,4E,6Z)‑Nona-2,4,6-trienal das charakteristische Walnussaroma am besten wiedergibt.
Das Eins-zu-eins-Verhältnis ist wichtig
Wie die quantitativen Analysen belegten, lagen die beiden aromabestimmenden Geruchsstoffe jeweils in einer Konzentration von ca. 10 Mikrogramm pro Kilogramm in den Nusskernen vor. „Die Walnussnote intensivierte sich in unseren sensorischen Tests noch weiter, wenn wir die natürlichen Konzentrationen beider Geruchsstoffe bis um das Zehnfache erhöhten“, berichtet Christine Stübner, die als Doktorandin die Studie bearbeitet hat. „Dabei war aber wichtig, dass das Eins-zu-eins-Verhältnis gewährleistet blieb“, so die Wissenschaftlerin weiter.
„Wir haben somit fast ein halbes Jahrhundert nach Beginn der Forschung den Geruchsstoffcode des Walnussaromas entschlüsselt. Basierend auf unseren Erkenntnissen, lassen sich nun neue züchterische Strategien entwickeln, die das Aroma von Walnüssen verbessern. Das aber wohl spannendste Resultat ist, dass die Kombination von zwei Verbindungen, die bereits für sich genommen den Geruch so unterschiedlicher Lebensmittel prägen, zusammengeführt einen ganz neuen Lebensmittelgeruch erzeugen“, sagt Martin Steinhaus, der seit mehreren Jahren als Sektions- und Arbeitsgruppenleiter am Leibniz-Institut tätig ist.
Wie der Lebensmittelchemiker erklärt, lässt sich der Effekt einfach ausprobieren. Hierzu einen Esslöffel Haferflocken in ein Glas geben, ein paar Tropfen der bekannten Suppenwürze hinzutun, etwas schütteln und an dem Gemisch riechen.
Publikation: Stübner, C. A. and Steinhaus, M. (2023). Sotolon and (2E,4E,6Z)‑Nona-2,4,6-trienal Are the Key Compounds in the Aroma of Walnuts. J Agric Food Chem 71, 7099-7108. 10.1021/acs.jafc.3c01002. https://pubs.acs.org/doi/pdf/10.1021/acs.jafc.3c01002
Hintergrundinformation:
Zu den Geruchsstoffen:
Bei dem Geruchsstoff Sotolon handelt es sich chemisch ausgedrückt um 3-hydroxy-4,5-dimethylfuran-2(5H)-one. Es kommt in vielen unterschiedlichen Lebensmitteln in geruchsaktiven Mengen vor, wobei sein Geruch stark an den Geruch der vom Schweizer Julius Maggi im Jahr 1886 entwickelten Würze erinnert. Sotolon prägt den Geruch einiger Kräuter und Gewürze, darunter Liebstöckel („Maggi-Kraut“) und Bockshornklee sowie das in Europa gebräuchliche Curry-Pulver. Auch in asiatischen Würzsoßen trägt es wesentlich zum Aroma bei, zum Beispiel in japanischem Shoyu und thailändischem Nam Pla. Das haferflockenartig riechende (2E,4E,6Z)‑Nona-2,4,6-trienal ist als Geruchsstoff weit weniger bekannt. In Haferflocken dominiert es den Geruchseindruck, es ist aber auch für das Aroma von schwarzem Tee relevant.
Kontakte:
Experten-Kontakt:
PD Dr. Martin Steinhaus
Leiter der Sektion I und der Arbeitsgruppe Food Metabolome Chemistry
Leibniz-Institut für Lebensmittel-Systembiologie
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Lise-Meitner-Str. 34
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E-Mail: m.steinhaus.leibniz-lsb(at)tum.de
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Informationen zum Institut:
Das Leibniz-Institut für Lebensmittel-Systembiologie an der Technischen Universität München besitzt ein einzigartiges Forschungsprofil an der Schnittstelle zwischen Lebensmittelchemie & Biologie, Chemosensoren & Technologie sowie Bioinformatik & Maschinelles Lernen. Weit über die bisherige Kerndisziplin der klassischen Lebensmittelchemie hinausgewachsen, leitet das Institut die Entwicklung einer Systembiologie der Lebensmittel ein. Sein Ziel ist es, neue Ansätze für die nachhaltige Produktion ausreichender Mengen an Lebensmitteln zu entwickeln, deren Inhaltsstoff- und Funktionsprofile an den gesundheitlichen und nutritiven Bedürfnissen, aber auch den Präferenzen der Verbraucherinnen und Verbraucher ausgerichtet sind. Hierzu erforscht es die komplexen Netzwerke sensorisch relevanter Lebensmittelinhaltsstoffe entlang der gesamten Wertschöpfungskette mit dem Fokus, deren physiologische Wirkungen systemisch verständlich und langfristig vorhersagbar zu machen.
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Journal
Journal of Agricultural and Food Chemistry
Method of Research
Experimental study
Subject of Research
People
Article Title
Sotolon and (2E,4E,6Z)‑Nona-2,4,6-trienal Are the Key Compounds in the Aroma of Walnuts
Article Publication Date
26-Apr-2023
COI Statement
The authors declare no competing financial interest.