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Das Tetra-Neutron – Experiment findet Anzeichen für ein lange gesuchtes Teilchen aus vier Neutronen

Teile der Theorie der starken Wechselwirkung müssen möglicherweise neu überdacht werden

Peer-Reviewed Publication

Technical University of Munich (TUM)

Künstlerische Darstellung eines Tetra-Neutrons

image: Im Tandem-Van-de-Graaff-Beschleuniger des Maier-Leibnitz-Laboratoriums auf dem Forschungscampus Garching beschoss ein Team von Physikern der Technischen Universität München (TUM) ein Lithium-7-Target mit auf rund zwölf Prozent der Lichtgeschwindigkeit beschleunigten Lithium-7-Atomkernen. Alle Messergebnisse deuten darauf hin, dass dabei Kohlenstoff-10 und das gesuchte Tetra-Neutron gebildet wurden. view more 

Credit: Sonja Battenberg / TUM

Während alle Atome außer Wasserstoff aus Protonen und Neutronen zusammengesetzt sind, sucht die Physik seit 50 Jahren nach einem Teilchen, das aus zwei, drei oder vier Neutronen besteht. Experimente eines Teams von Physikern der Technischen Universität München (TUM) am Beschleuniger-Labor auf dem Forschungscampus Garching geben nun Grund zu der Annahme, dass es ein Teilchen aus vier gebundenen Neutronen tatsächlich gibt.

Während sich die Kernphysik darüber einig ist, dass es im Universum keine Systeme gibt, die nur aus Protonen bestehen, suchen Physikerinnen und Physiker seit über 50 Jahren nach Teilchen, die aus zwei, drei oder vier Neutronen zusammengesetzt sind.

Würde ein solches Teilchen existieren, müssten Teile der Theorie der starken Wechselwirkung neu überdacht werden. Darüber hinaus könnte das eingehendere Studium dieser Teilchen helfen, die Eigenschaften von Neutronensternen besser zu verstehen.

„Die starke Wechselwirkung ist im wahrsten Sinne des Wortes die Kraft, die die Welt im Innersten zusammenhält. Schwerere Atome als Wasserstoff, wären ohne sie undenkbar“, sagt Dr. Thomas Faestermann, unter dessen Leitung die Versuche stattfanden.

Alles deutet nun darauf hin, dass in einem der letzten Experimente am inzwischen stillgelegten Tandem-Van-de-Graaff-Beschleuniger auf dem Forschungscampus Garching genau solche Teilchen entstanden sind.

Die lange Suche nach dem Tetra-Neutron

Schon vor 20 Jahren publizierte eine französische Arbeitsgruppe Messwerte, die sie als die Signatur der gesuchten Tetra-Neutronen interpretierten. Spätere Arbeiten einer anderen Gruppe zeigten jedoch, dass die angewandte Methodik die Existenz eines Tetra-Neutrons nicht beweisen kann.

2016 versuchte eine Gruppe in Japan Tetra-Neutronen aus Helium-4 zu erzeugen, indem sie es mit einem Strahl aus radioaktiven Helium-8-Teilchen beschossen. Bei dieser Reaktion sollte Beryllium-8 entstehen. Tatsächlich konnten sie vier solcher Atome nachweisen. Aus ihren Messergebnissen folgerten sie, dass das Tetra-Neutron ungebunden sei und schnell wieder in vier Neutronen zerfalle.

Faestermann und sein Team beschossen bei ihren Versuchen ein Lithium-7-Target mit auf etwa zwölf Prozent der Lichtgeschwindigkeit beschleunigten Lithium-7-Teilchen. Hierbei sollte neben dem Tetra-Neutron Kohlenstoff-10 entstehen. Und in der Tat gelang es den Physikern, diese Spezies nachzuweisen. Eine Wiederholung bestätigte das Ergebnis.

Der Indizienbeweis

Die Messergebnisse des Teams entsprachen der Signatur, die ein Kohlenstoff-10 im ersten angeregten Zustand und ein Tetra-Neutron mit einer Bindungsenergie von 0,42 Megaelektronenvolt (MeV) zeigen würden. Den Messungen zufolge wäre das Tetra-Neutron ungefähr so stabil wie das Neutron selbst. Danach würde es mit einer Halbwertszeit von 450 Sekunden durch Beta-Zerfall zerfallen. „Dies ist für uns die einzige physikalisch in allen Punkten plausible Erklärung der gemessenen Werte“, erläutert Dr. Thomas Faestermann.

Mit seinen Messungen erreicht das Team eine Sicherheit von deutlich über 99,7 Prozent oder 3 sigma. Doch damit ein Teilchen in der Physik als sicher existent gelten darf, wird eine Sicherheit von 5 sigma verlangt. Gespannt warten die Forscher daher nun auf eine unabhängige Bestätigung.

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Das Maier-Leibnitz-Laboratorium mit seinem Tandem-Van-de-Graaff-Beschleuniger wurde gemeinsam von der Technischen Universität München und der Ludwig Maximilians-Universität München betrieben. Aus baulichen Gründen wurde die Anlage Anfang 2020 stillgelegt. Alle fünf Autoren der Publikation sind Absolventen oder Mitarbeitende der Technischen Universität München.

 


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