Leipzig/Halle. Die intensive Landnutzung durch den Menschen beeinträchtigt weltweit die Bestäubung von Wildpflanzen und deren Fortpflanzungserfolg. Das betrifft insbesondere Pflanzen, die in ihrer Bestäubung hochspezialisiert sind. Zu diesem Schluss kommt eine neue Studie unter Leitung des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv), der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) und des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ), die in Nature Communications veröffentlicht wurde. Mithilfe eines globalen Datensatzes ist es dem Forschungsteam gelungen, diesem Zusammenhang zu untersuchen.
Pflanzen bieten wichtige Ressourcen wie Nahrung und Schutz für alle anderen lebenden Organismen auf der Erde. Ein Großteil der Pflanzen ist für die Fortpflanzung auf Bestäuber angewiesen deshalb sind Forschungsergebnisse, die einen weitverbreiteten Rückgang der Bestäuber zeigen, so besorgniserregend. Doch bislang ist wenig darüber bekannt, welche Pflanzen von diesem Rückgang besonders betroffen sein werden und unter welchen Umständen sich ihr Fortpflanzungserfolg verringert.
Veränderungen der Landnutzung können den Bestand von Pflanzen und ihren Bestäubern sein. Doch die Auswirkungen auf verschiedene bestäubende Tiere sind nicht immer gleich: Während manche landwirtschaftlichen Praktiken vorteilhaft für Honigbienen sein können, führen sie möglicherweise zu einem Rückgang anderer Bestäuber wie Wildbienen und Schmetterlingen. Dr. Joanne Bennett, die die Studie als Wissenschaftlerin bei iDiv und an der MLU geleitet hat und heute an der Universität von Canberra forscht, sagt: Die Beziehungen zwischen Pflanzen und ihren Bestäuber haben sich über Millionen von Jahren entwickelt. Die Menschen verändern diese Beziehungen jetzt innerhalb weniger Jahre.
Ein globaler Datensatz zu Landnutzung und Pollenlimitierung
Um eine Verbindung zwischen Landnutzung und der Aufnahme von Pollen herzustellen, erstellte das internationale Forscherteam einen globalen Datensatz, der zeigt, inwieweit der reproduktive Erfolg von Wildpflanzen aufgrund einer verminderten Aufnahme von Pollen eingeschränkt ist. Dazu analysierte es Tausende bereits veröffentlichter Studien zu Experimenten, bei denen Pflanzen händisch bestäubt wurden. Bei solchen Experimenten wird verglichen, wie viele Samen Pflanzen produzieren, die auf natürliche Weise bestäubt worden sind, und wie viele Samen in händisch bestäubten Pflanzen entstehen. Joanne Bennett erklärt: Wenn die Pflanzen, die auf natürliche Weise bestäubt wurden, weniger Früchte oder Samen produzieren als die Pflanzen, die zusätzlich von Hand bestäubt wurden, dann ist die Fortpflanzung dieser Pflanzen eingeschränkt man spricht von einer Pollenlimitierung. Solche Experimente sind hervorragend dazu geeignet, den Fortpflanzungserfolg von Pflanzen und die Bestäubung zueinander in Bezug zu setzen.
Vor fast 20 Jahren begann Prof. Dr. Tiffany Knight, Alexander-von-Humboldt-Professorin an der MLU und Leiterin der Forschungsgruppe Räumliche Interaktionsökologie bei iDiv sowie am UFZ, mit der Zusammenstellung des ersten Datensatzes. Mit der Unterstützung des iDiv-Synthesezentrums sDiv riefen Knight und Bennett eine 16-köpfige, international besetzte Forschergruppe ins Leben, die den Datensatz erweiterte und neue Ideen einbrachte. Zu Beginn des Projektes lagen den Forschern Daten aus 1,000 Experimenten zu 306 Pflanzenarten aus Europa und Nordamerika vor. Heute umfasst die Sammlung Daten aus über 2.000 Experimenten zu über 1.200 Pflanzenarten und Informationen zu Experimenten aus der ganzen Welt. Die Zusammenarbeit mit einem internationalen Team hat dieses Projekt zu etwas ganz Besonderem gemacht ebenso wie der Umstand, dass wir viele Studien mit aufnehmen konnten, die nicht in englischer Sprache vorlagen, sagt Tiffany Knight.
Starke Einschränkungen bei Spezialisten und Pflanzen in intensiv genutzten Landschaften
All diese Daten erlaubten letztendlich eine globale Metaanalyse, die zeigte, dass Wildpflanzen in intensiv genutzten Landschaften, wie in urbanen Regionen, in ihrer Bestäubung stark eingeschränkt sind. Die Forscher fanden heraus, dass das Risiko bei Pflanzen, die bei der Bestäubung eine hohe Spezialisierung aufweisen, besonders hoch ist. Allerdings zeigten sich hier auch Unterschiede je nachdem, um welche Form der Landnutzung es sich handelte und auf welche Bestäuber sich die Pflanzen spezialisiert haben. So war die Bestäubung bei Wildpflanzen, die sich auf Bienen als ihre Bestäuber spezialisiert haben, in landwirtschaftlich genutzten Gebieten weniger eingeschränkt als bei solchen Pflanzen, die auf andere Bestäuber spezialisiert sind. Das liegt möglicherweise daran, dass Honigbienen in diesen Gebieten auch Wildpflanzen bestäuben.
Die Ergebnisse der Studie zeigen eine klare Verbindung zwischen einer intensiven Landnutzung und einem geringeren Fortpflanzungserfolg von Pflanzen aufgrund einer verringerten Bestäubung. Zukünftige Veränderungen der Landnutzung könnten dazu führen, dass der Bestäubungs- und Fortpflanzungserfolg von Pflanzen weiter abnimmt und Pflanzengemeinschaften immer stärker von sogenannten Generalisten dominiert werden, die in Bezug auf ihre Bestäuber wenig wählerisch sind.
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Journal
Nature Communications