News Release

Forschung zum impakt von krieg auf das wahlverhalten in den Balkanstaaten erhält ERC Grant

ERC-Stipendiat schließt sich der Universität Luxemburg an

Grant and Award Announcement

University of Luxembourg

ELWar Research Team

image: Christophe Lesschaeve, Josip Glaurdi, Michal Mochtak view more 

Credit: University of Luxembourg

ELWar steht für „Electoral Legacies of War: Political Competition in Postwar Southeast Europe“ (Auswirkungen des Krieges auf Wahlen: Politischer Wettbewerb im Südosteuropa der Nachkriegszeit) und beschäftigt sich mit der Entwicklung des politischen Wettbewerbs und dem Wahlverhalten in den vergangen dreißig Jahren nach den Kriegen in sechs Ländern: Bosnien-Herzegowina, Kroatien, Kosovo, Mazedonien, Montenegro und Serbien.

Krieg verändert Menschen und die Gesellschaft tiefgreifend über Jahrzehnte. Er zerstört das gesellschaftliche, wirtschaftliche und physische Gefüge sowie die Sozial-, Gender- und Klassenstrukturen. „Die politischen Entscheidungen, die nach einem Konflikt von Individuen und Parteien bewusst oder unbewusst getroffen werden, werden ihre Gesellschaft bedeutend umgestalten“, erklärt Prof. Dr. Josip Glaurdić. „Wir wissen jedoch sehr wenig darüber, was diese Entscheidungen beeinflusst. Unsere Aufgabe ist es, die Faktoren zu identifizieren, die sich auf die Politik der Nachkriegszeit auswirken, und herauszufinden, wie sie den politischen Prozess, gewollt oder ungewollt, unterstützen oder behindern.“

„Die Art wie Mitglieder einer Gesellschaft Gewalt erlebt haben und insbesondere wie sie sie in Erinnerung behalten, ist bei diesem Prozess von Bedeutung. In südosteuropäischen Staaten benutzen politische Akteure die Vergangenheit, um politischen Strategien zu verfolgen, Stimmen zu mobilisieren oder eine bestimmte Politik durchzusetzen. Das macht es schwer für Menschen, die tiefe Frustration zu überwinden und in die Zukunft zu schauen.“

Die Politikwissenschaft tendiert dazu, sich auf Wahlen und Demokratisierung in kurzer Zeit nach Ende eines Konfliktes zu konzentrieren. Gewalt ausgesetzt zu sein hat jedoch längerfristige Auswirkungen auf das Wahl- und Politikverhalten. Ebenso werden politische Akteure von Politikwissenschaftlern oft als unabhängige Entscheidungsträger betrachtet, dabei sind sie eigentlich Teil eines großen und komplexen Zusammenhangs. „Das bedeutet, dass wir wenig über die Art und Weise wissen, wie Konflikte ganze politische Systeme über lange Jahre beeinflussen, welche Faktoren sich auf die Wahlergebnisse auswirken oder die Regierungsweise in diesen Ländern“, erläutert Prof. Glaurdić. „Zum Beispiel stellt sich die Frage, ob die Wahlen der Nachkriegszeit von den Erfahrungen und Wahrnehmungen des Konfliktes der Wähler beeinflusst werden oder ob vielmehr deren Einschätzung der Leistungen der Parteien in Zeiten des Friedens.“

ELWar zielt darauf ab, diese Wissenslücke im Forschungsfeld der Politikwissenschaften zu schließen. Im Zuge des Projektes wird das Forschungsteam Ergebnisse in Form von interaktiven Karten, Büchern und drei internationalen Konferenzen in Luxemburg vorstellen. Das Material wird auf der Internetseite elwar.uni.lu abrufbar sein.

Eine ganzheitliche Forschungsmethode

Um einen ganzheitlichen Überblick des politischen Geschehens in der Nachkriegszeit zu erhalten, wird das Forschungsteam um Prof. Glaurdić drei Gesellschaftsgruppen untersuchen: politische Parteien, Wähler und Gemeinden. Analysen von parteiinternen Dokumenten und Plattformen, Beziehungen der Parteien mit der Zivilgesellschaft sowie Interviews mit Parteivertretern und Aktivisten werden Aufschluss darüber geben, wie Kriege sich auf Wahlstrategien, politische Präferenzen und Rekrutierungsmethoden auswirken.

Auf Gemeindeebene werden Angaben zu Wahlen, Wirtschaft, Gesellschaft und Demographie sowie Informationen zu Verlusten an Menschenleben und physische Zerstörung zeigen, inwiefern Menschen Gewalt ausgeliefert waren und wie Krieg sich auch Jahrzehnte nach Kriegsende weiterhin auf die Politik auswirkt.

###

Über den leitenden Forscher

Prof. Dr. Glaurdić schloss sich der Universität Luxemburg im April 2017 an. Davor war er Junior Forschungspartner am Clare College der Universität Cambridge und Leverhulme Nachwuchswissenschaftler bei der Abteilung für Politik und internationale Studien der Universität Cambridge. Er erhielt seinen Doktor in Politikwissenschaften an der Universität Yale im Jahr 2009 und ist Autor des Buches „The Hour of Europe: Western Powers and the Breakup of Yugoslavia“ (Die Stunde Europas: der Westen und der Zusammenbruch Jugoslawiens) (2011).

Hinweise an die Redaktion

Kontakt: Josip Glaurdić
T. 46-66-44-6259
E. josip.glaurdic@uni.lu

ERC Stipendium: Das Projekt, betreut vom Institut für Politikwissenschaften der Fakultät für Sprachwissenschaften und Literatur, Geistes- und Erziehungswissenschaften, hat ein Erststipendium in Höhe von 1,5 Millionen Euro des Europäischen Forschungsrats (ERC) unter dem Rahmenprogramm für Forschung und Innovation Horizont 2020 (Fördervereinbarung Nr. 714589) erhalten.

Weitere ERC-Stipendiaten an der Universität sind die Physiker und Materialforscher Jan Lagerwall, Alexandre Tkatchenko und Massimiliano Esposito, der Ingenieurwissenschaftler Stéphane Bordas und die IT-Wissenschaftler Lionel Briand und Björn Ottersten.


Disclaimer: AAAS and EurekAlert! are not responsible for the accuracy of news releases posted to EurekAlert! by contributing institutions or for the use of any information through the EurekAlert system.