Durch die DNA-Analyse zweier prähistorischer Hunde aus Deutschland hat ein internationales Forscherteam unter der Leitung von Dr. Krishna R. Veeramah von der Stony Brook University in den USA festgestellt, dass ihre Genome wahrscheinlich die Vorfahren moderner europäischer Hunde darstellen. Die Studie legt weiterhin nahe, dass alle heutigen Hunde einen gemeinsamen Ursprung haben und aus einem einmaligen Domestikationsprozess von Wölfen vor 20.000 bis 40.000 Jahren hervorgegangen sind. Die Studie, an der auch Wissenschaftler der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) beteiligt sind, wurde in Nature Communications veröffentlicht.
Hunde waren die ersten Tiere, die vom Menschen domestiziert wurden. Die ältesten Überreste von Hunden, die eindeutig von Wölfen abgegrenzt werden können, stammen aus dem heutigen Deutschland und sind rund 15.000 Jahre alt. Allerdings ist das archäologische Fundmaterial nicht eindeutig und enthält vermeintliche Hundeknochen aus den unterschiedlichsten Fundorten bis hin nach Sibirien.
Erst im vergangenen Jahr hatten Wissenschaftler unter Verwendung neuester paläogenomischer Methoden das Genom eines 5.000 Jahre alten Hundes aus Irland sequenziert. Das Team der University of Oxford vermutete anhand der Ergebnisse, dass Hunde nicht nur ein-, sondern zweimal domestiziert wurden. Weiterhin nahm das Forscherteam an, eine in Europa domestizierte und heimische Hundepopulation sei während der Jungsteinzeit von einer unabhängig in Ostasien domestizierten, einwandernden Gruppe verdrängt worden.
"Im Gegensatz zu den Resultaten dieser vorangegangenen Studie stellen wir fest, dass unsere Hunde, die etwa aus der gleichen Zeitperiode stammen, den modernen europäischen Hunden sehr ähnlich sind, einschließlich der meisten Rassehunde, die die Menschen als Haustiere halten", erklärt Veeramah, Assistant Professor für Ökologie und Evolution an der Stony Brook University. "Dies legt nahe, dass es zu keiner massiven neolithischen Verdrängung auf demselben Kontinent gekommen ist und dass es wahrscheinlich nur einen einzigen Domestikationsprozess für die Hunde gab, die wir im Fundmaterial der Steinzeit finden und die wir auch heute sehen und mit denen wir zusammenleben."
In ihrem Artikel "Ancient European dog genomes reveal continuity since the Early Neolithic" nutzten Veeramah und seine Kollegen den älteren der beiden untersuchten Hunde, der vor etwa 7.000 Jahren gelebt hat, um die Hundedomestikation auf einen Zeitraum von vor 20.000 bis 40.000 Jahren einzugrenzen. Sie fanden auch Hinweise darauf, dass der jüngere, 4.700 Jahre alte Hund eine Mischung aus europäischen Hunden und einer Population, die heutigen zentralasiatischen/indischen Hunden ähnelt, darstellt. Dies könnte darauf zurückzuführen sein, dass Menschen, die am Beginn der Bronzezeit von der asiatischen Steppe nach Europa wanderten, ihre eigenen Hunde mitbrachten.
"Unsere Studie verdeutlicht, wie die Analyse kompletter alter Genome Schritt für Schritt helfen kann, komplexe Prozesse wie den der Hundedomestikation besser zu verstehen. Nur ein direkter Blick in die Vergangenheit wie dieser kann die vielen parallelen und aufeinanderfolgenden Ereignisse entwirren, die neben der gezielten Zucht durch den Menschen eben auch Wanderungsbewegungen und Vermischungen verschiedener Populationen beinhalten", ergänzt Dr. Amelie Scheu, eine der Erstautorinnen der Studie und wissenschaftliche Mitarbeiterin der Arbeitsgruppe Palaeogenetik am Institut für Organismische und Molekulare Evolutionsbiologie der Johannes Gutenberg-Universität Mainz.
Insgesamt gesehen bleibe die Frage nach dem genauen geografischen Ursprung der Hundedomestikation zwar immer noch ein Rätsel, so Dr. Krishna R. Veeramah, doch erwarte er, dass die Sequenzierung weiterer alter eurasischer Genome helfen wird, schlussendlich auch diese Kernfrage zu klären.
Die Studie entstand aus der Zusammenarbeit von Wissenschaftlern der US-amerikanischen Stony Brook University und der University of Michigan, der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, der Otto-Friedrich-Universität Bamberg, des Trinity College Dublin in Irland und der Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz.
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Journal
Nature Communications