Im Gegensatz zu den heute gängigen Methoden, bei denen zumeist mit Blaulicht gearbeitet wird, bietet das rote Farbspektrum wesentliche Vorteile - nicht zuletzt auch für Anwendungen in Modellsystemen für Krankheiten: Rotlicht kann viel tiefer in Gewebe eindringen und damit auch nicht-invasiv - also ohne chirurgische Eingriffe - angewendet werden, es verursacht keine Irritationen im tierischen und menschlichen Gewebe, und es hat keine Effekte auf die in Forschungslabors häufig verwendeten fluoreszierenden Proteine. Letztere haben ein vielseitiges Anwendungsspektrum, aber werden durch Blaulicht oft unerwünscht aktiviert oder gebleicht. Trotz dieser vielseitigen Vorteile sind noch kaum Rotlicht-basierte optogenetische Werkzeuge bekannt.
IST Austria Professor Harald Janovjak und seine Forschungsgruppe verwendeten als lichtempfindliches Protein einen Rotlicht-aktivierbaren Photorezeptor des Cyanobakteriums Synechocystis, welches bereits 1968 beschrieben wurde. Für ihre Studie modifizierten die AutorInnen den Photorezeptor und fusionierten diesen mit Säugetier-Rezeptoren, die in vielen Erkrankungen wie Krebs, Alzheimer, Parkinson, und Diabetes von Bedeutung sind. In den darauf folgenden Versuchen in Säugetierzellen gelang es ihnen, durch Rotlicht-Aktivierung des Fusionsrezeptors gezielt einen Signalweg zu aktivieren, der eine tragende Rolle in der Zellteilung spielt.
Normalerweise aktivieren sogenannte Wachstumsfaktoren das Zellteilungsprogramm. Diese Faktoren sorgen dafür, dass zwei Rezeptoren eine Bindung eingehen und aktiviert werden - das Startsignal zur Zellteilung. Die Forscher konnten diese Rezeptorbindung, und somit die Aktivierung, durch die Kombination der Rezeptoren und via Rotlicht induzieren. Weiters zeigten sie, dass der Fusionsrezeptor mittels Rotlicht auch durch Gewebe hindurch in Zellen, die in Modellstudien für Diabetes verwendet werden, aktiviert werden konnte.
Harald Janovjak und Mit-AutorInnen, unter ihnen PhD Studentin Eva Reichhart, sehen darin bedeutende Vorteile für zukünftige Forschungen: Erkrankungen wie Alzheimer, Parkinson, oder Diabetes haben gemeinsam, dass bestimmte Rezeptoren weniger aktiv oder zahlenmäßig verringert sind. In Zukunft könnte aber ein gentherapeutischer Ansatz entwickelt werden, bei dem mit solchen Fusionsrezeptoren die normale Signalaktivität wiederhergestellt wird - und das ganz ohne chirurgischen Eingriff."
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Journal
Angewandte Chemie