News Release

Wenn Schädlinge mit ihrer eigenen Waffe geschlagen werden

Peer-Reviewed Publication

University of Bern

Corn Rootworm

image: The western corn rootworm is an important maize pest in the US. It is also invasive in Europe. The larvae of the rootworm use plant defense substances as self-defense against biological control agents such as entomopathogenic nematodes. view more 

Credit: Cyril Hertz and Lingfei Hu, University of Bern

Der Maiswurzelbohrer verursacht im Maisanbau eine jährliche Schadensumme von über 2 Milliarden US Dollar und ist damit ein ökonomisch schwerwiegender Schädling in der Landwirtschaft. Er stammt ursprünglich aus Amerika, wird aber zunehmend in Europa und seit Kurzem auch in der Schweiz beobachtet.

Erfolgreicher Schädling

Ein Erfolgsrezept des Maiswurzelbohrers konnten Christelle Robert und Matthias Erb vom Institut für Pflanzenwissenschaften (IPS) der Universität Bern bereits in einer früheren Studie aufzeigen: Maispflanzen speichern in ihren Wurzeln bestimmte Abwehrstoffe, sogenannte Benzoxazinoide. Für viele Schädlinge sind diese Stoffe giftig. Der Maiswurzelbohrer hat jedoch eine Strategie entwickelt, um diese Stoffe zu entgiften. Die Larven des Maiswurzelbohrers werden damit resistent gegen die pflanzeneigene Abwehr. Schlimmer noch - die Larven speichern die Benzoxazinoide in ihrem Körper und setzten sie wiederum zur Selbstverteidigung gegen ihre Fressfeinde, die Fadenwürmer (Nematoden) ein. Dass der Maiswurzelbohrer eine Abwehrstrategie gegen Nematoden gefunden hat, ist insbesondere deshalb von Bedeutung, weil diese Fadenwürmer in der Landwirtschaft zur biologischen Bekämpfung des Maiswurzelbohrers eingesetzt werden.

«Mit den Fadenwürmern wurden bereits beträchtliche Erfolge im Feld erzielt; effizienzsteigernde Massnahmen könnten diesem vielversprechenden Ansatz weiter Vorschub leisten», erklärt Matthias Erb, Projektleiter und Professor für Biotische Interaktionen am IPS. «Vor diesem Hintergrund stellten wir uns die Frage: Wenn Schädlinge wie der Maiswurzelbohrer immun gegen Pflanzenabwehrstoffe werden können, gelingt dieser Trick möglicherwiese auch bestimmten Nützlingen wie den Fadenwürmern?».

Nützlinge gezielt züchten zur Schädlingsbekämpfung

Die Forschenden verglichen Fadenwürmer aus Gebieten, die vom Maiswurzelbohrer befallen sind mit solchen aus nicht befallenen Gebieten rund um den Globus. «Wir stellten fest, dass Fadenwürmer aus den befallenen Gebieten resistent waren gegen die Pflanzenabwehrstoffe im Gegensatz zu den Fadenwürmern aus Gebieten, wo der Maiswurzelbohrer nicht vorkommt», sagt Xi Zhang, die als Doktorandin am Projekt mitgearbeitet hat. Im Labor konnten die Forschenden beobachten, dass Fadenwürmer, die dem Maiswurzelbohrer ausgesetzt waren, innerhalb von nur wenigen Generationen resistent gegen Pflanzenabwehrstoffe wurden. «Besonders die Geschwindigkeit dieser Anpassung hat uns überrascht», so Zhang.

Die Resultate der Studie, die im Journal PNAS publiziert wurden, sind insbesondere für die biologische Schädlingsbekämpfung relevant. «Nützlinge wie der Fadenwurm, die resistent gegen Pflanzenabwehrstoffe sind, können Schädlinge, die diese Stoffe aus der Pflanze aufnehmen, besser unter Kontrolle halten», erklärt Studien-Koautor Ricardo Machado. Diese Eigenschaft kann durch gezielte Selektion sehr schnell erworben werden und ist damit ein vielversprechendes Züchtungsziel. «Wir gehen davon aus, dass auch viele andere Nützlinge durch Resistenzzüchtung, welche sich auf Pflanzenabwehrstoffe konzentriert, verbessert werden können», so Machado.

In einem nächsten Schritt arbeiten die Forschenden daran, auch die symbiotischen Bakterien der Nematoden resistent gegen Benzoxazinoide zu machen und die so verbesserten Nützlinge im Feld gegen den Maiswurzelbohrer zu testen. «Dies ist dernächste Schritt, um unsere Forschung der Landwirtschaftlichen Anwendung näherzubringen», so Machado.

Pflanzliche Abwehrstoffe verändern Nahrungsketten

Im Forschungsprojekt, das vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF) gefördert wird, setzen die Forschenden auf einen kombinierten Ansatz aus Verhaltensökologie, analytischer Chemie und Pflanzengenetik. Die Forschungsergebnisse verdeutlichen die Bedeutung von sogenannten Pflanzensekundärstoffen wie die Benzoxazinoide für die Evolution und Dynamik von Nahrungsketten. «Das Wettrüsten zwischen Pflanzen und Pflanzenfressern wird oft als Motor der chemischen und biologischen Vielfalt dieser beiden Gruppen gesehen», so Studien-Koautorin Christelle Robert. «Unsere Studie weist darauf hin, dass Pflanzensekundärstoffe möglicherweise die Evolution von ganzen Nahrungsketten beeinflussen.»

Im Rahmen der Interfakultären Forschungskooperation «One Health» der Universität Bern (siehe Kasten) untersuchen die Forschenden seit Neuestem auch, wie sich Benzoxazinoide auf die Gesundheit von Tier und Mensch auswirken. «Die Integration unserer Erkenntnisse in die landwirtschaftliche Hauptnahrungskette ist eine hochspannende Aufgabe mit viel Potenzial», sagt Matthias Erb.

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