Angesichts des Rückgangs naturbelassener Waldbestände erscheinen vom Menschen angepflanzte Baumplantagen als eine gute Möglichkeit, den Lebensraum Wald zu erhalten. Doch wie groß ist der tatsächliche Nutzen solcher Plantagen für die biologische Vielfalt? Ein Team von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern unter Leitung des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv), der Friedrich-Schiller-Universität Jena (FSU) und der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) hat dies am Beispiel der Käfer überprüft. Käfer machen 27 % aller Insektenarten weltweit aus und werden oft als Indikatoren für die Auswirkungen des Klimawandels und der Fragmentierung von Lebensräumen auf die Biodiversität genutzt. In Wäldern erfüllen sie wichtige Funktionen so zersetzen sie zum Beispiel pflanzliche und tierische Biomasse und machen die darin enthaltenen Nährstoffe für Pflanzen wieder nutzbar.
Baumplantagen beherbergen deutlich weniger Käferarten
Für ihre Studie untersuchten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler 83 bereits veröffentlichten Studien, die sich mit der Käfervielfalt in Baumplantagen und Altbeständen befassten. Natürlich ist der Nutzen solcher Plantagen immer abhängig von den Baumarten, die angepflanzt wurden, sagt Dr. Silvia Gallegos von der MLU, eine der Hauptautorinnen der Studie. Mehrere verschiedene Arten sind oft besser als Monokulturen und einheimische Arten besser als exotische. Generell zeigte die global angelegte Studie jedoch einen deutlichen Unterschied in der Käfervielfalt zwischen Plantagen und unbewirtschafteten Wäldern. Verglichen mit den Altbeständen beherbergten die Plantagen im Durchschnitt ein Drittel weniger Arten sowie nur etwa halb so viele Individuen.
Auch die Käfer-Gemeinschaften in Plantagen und Wäldern unterschieden sich deutlich. Selbst solche Plantagen, die eine ähnliche Zahl der Käferarten- und -Individuen wie die Altbestände aufwiesen, wiesen noch eine deutlich andere Zusammensetzung der Käfergemeinschaft auf. Die negativen Auswirkungen von Plantagen betrafen vor allem Käfer, die sich von toten organischen Bestandteilen ernähren. Dies liegt möglicherweise an dem weniger abwechslungsreichen Nahrungsangebot in Baumplantagen. Auch Käferarten, die sich von anderen Insekten ernähren, kamen in Plantagen seltener vor. Das deutet darauf hin, dass es in Plantagen weniger Fressfeinde für Pflanzenschädlinge gibt, sagt Letztautor Dr. Stephan Kambach von MLU und iDiv. Altbestände könnten also widerstandfähiger gegenüber Pflanzenschädlingen und Krankheiten sein als künstlich angelegte Baumplantagen.
Plantagen können ursprüngliche Wälder nicht ersetzen
Am ausgeprägtesten waren die Unterschiede in der Zusammensetzung der Käfergemeinschaften in den Tropen und Subtropen. Hier waren auch die Unterschiede zwischen der Zahl der Arten sowie der Individuen in Plantagen und in alten Waldbeständen am größten. In den Tropen und Subtropen stellen Baumplantagen daher auch keinen Ersatz für die wichtigen tropischen Primärwälder dar.
Mit ihrer Studie zeigen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, dass Baumplantagen insbesondere wenn viele Baumarten in Mischung gepflanzt werden zwar einen wichtigen Beitrag leisten, um den Lebensraum im Wald lebender Arten zu erhalten. Sie können aber nicht die Vielfalt oder die Zusammensetzung der Käferarten aufrechterhalten, die wir in alten Waldbeständen finden, sagt Erstautor Georg Albert von iDiv und FSU. Das schränkt ihren Wert für den Naturschutz ein.
Seinen Ursprung nahm das Forschungsunterfangen übrigens während einer iDiv-Sommerschule im September 2017, bei der die Teilnehmenden unter anderem Meta-Analysen anhand konkreter Projekte durchführten. Die iDiv Sommerschule findet jährlich mit unterschiedlichen Schwerpunkten statt und bringt Nachwuchswissenschaftler aus aller Welt zusammen.
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Journal
Forest Ecology and Management