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Wenn Qubits die Sprache der Faseroptik lernen

Quantencomputer: ISTA-Physiker erreichen optisches Auslesen von supraleitenden Qubits

Peer-Reviewed Publication

Institute of Science and Technology Austria

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A team of physicists at the Institute of Science and Technology Austria (ISTA) achieved a fully optical readout of superconducting qubits, here co-first author Thomas Werner.

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Credit: © ISTA

Qubits – die grundlegenden Einheiten der Quanteninformation – treiben ganze Technologiesektoren an. Supraleitende Qubits könnten beim Bau eines großen Quantencomputers eine wichtige Rolle spielen, aber sie sind auf elektrische Signale angewiesen und lassen sich nur schwer skalieren. Einem Team von Physikern am Institute of Science and Technology Austria (ISTA) ist es gelungen, supraleitende Qubits vollständig optisch auszulesen und damit die derzeitigen Grenzen dieser Technologie zu überwinden. Ihre Ergebnisse wurden in Nature Physics veröffentlicht.

Nach einer langen Erfolgsfahrt kamen die Aktien von Quantencomputern zum Stillstand, und zwar kaum ein paar Tage nach dem Beginn des Internationalen Jahres der Quantenphysik und -technologie. Der Grund für diesen plötzlichen Rückschlag war die Keynote-Rede von Nvidia-CEO Jensen Huang auf der Technologiemesse CES 2025, in der er voraussagte, dass „sehr nützliche Quantencomputer“ noch zwei Jahrzehnte auf sich warten lassen würden.

Abseits von Börsen und Technikmessen geht das Rennen um skalierbare Quantencomputer weiter, die einige Berechnungen exponentiell schneller durchführen könnten als ‚klassische‘ Computer. Obwohl dieser vielversprechende ‚Quantenvorteil‘ zu einer raschen Entwicklung von Quantenhardware geführt hat, müssen noch viele technische Hürden überwunden werden, bevor Quantencomputer ‚nützlich‘ werden.

Nun ist es einem Team von Physikern aus der Gruppe von Professor Johannes Fink am Institute of Science and Technology Austria (ISTA) gelungen, eine wichtige Einschränkung zu überwinden, was dazu beitragen könnte, Quantencomputer zu vergrößern. Indem das Team sicherstellte, dass die Qubits die Sprache der Glasfaseroptik verstanden, konnte es die Menge an kryogener (‚tiefgekühlter‘) Hardware, die für ihre Messung benötigt wird, erheblich reduzieren. „Dieser neue Ansatz könnte es uns ermöglichen, die Anzahl der Qubits zu erhöhen, sodass sie für Berechnungen nützlich werden. Er legt auch den Grundstein für den Aufbau eines Netzwerks von supraleitenden Quantencomputern, die bei Raumtemperatur über Lichtwellenleiter miteinander verbunden sind“, sagt Georg Arnold, ehemaliger Doktorand in der Fink-Gruppe am ISTA und Erstautor der Studie.

Herausforderungen der Faseroptik bei supraleitender Quantenhardware

Während die Glasfaseroptik die Telekommunikationsbranche mit ihren zahlreichen Vorteilen gegenüber der elektrischen Übertragung revolutioniert und Hochgeschwindigkeits-Kommunikation ermöglicht hat, ist die Anwendung der Optik auf Quantenhardware herausfordernd. Supraleitende Quantencomputer – welche besondere physikalische Eigenschaften von Materialien bei Temperaturen nahe dem absoluten Nullpunkt nutzen – stellen eine ganz eigene Herausforderung dar. Um supraleitende Qubits zu realisieren, werden winzige elektrische Schaltkreise auf extrem niedrige Temperaturen abgekühlt, bei denen sie jeglichen elektrischen Widerstand verlieren und somit unbegrenzt Strom fließen lassen können. „Supraleitende Qubits sind also definitionsgemäß elektrisch. Um sie herzustellen, müssen wir Temperaturen erreichen, die nur wenige tausendstel Grad über dem absoluten Nullpunkt liegen. Das ist sogar kälter als der Weltraum“, sagt Arnold.

Elektrische Signale haben jedoch eine vergleichsweise geringe Bandbreite, was bedeutet, dass sie nur wenige Informationen pro Zeiteinheit übertragen. Da sie leicht durch Rauschen überlagert werden, sind sie auch anfällig für Informationsverluste. Außerdem wird durch die erforderliche Verdrahtung viel Wärme abgeleitet. Daher benötigt das „Qubit-Auslesen“ – d. h. das Aufspüren und Messen von Qubits, indem sie ein elektrisches Signal reflektieren, das an sie gesandt wird – eine kolossale kryogene Kühlung sowie aufwendige und teure elektrische Komponenten, um das Signal zu filtern und verstärken. Optische Signale mit höherer Energie – zum Beispiel bei Telekom-Wellenlängen – breiten sich dagegen in dünnen Glasfasern mit geringsten Verlusten aus. Darüber hinaus haben sie eine wesentlich geringere Wärmeabgabe und eine viel höhere Bandbreite. Sie zu nutzen, um die Grenzen supraleitender Quantenhardware zu erweitern, wäre also ideal, wenn die Qubits nur ihre Sprache verstehen würden.

Das optische Signal für die Qubits ‚übersetzen‘

Um eine vollständige optische Auslesung in supraleitender Quantenhardware zu erreichen, musste das Team einen Weg finden, das optische Signal zu den Qubits und zurück zu ‚übersetzen‘. „Idealerweise würde man versuchen, alle elektrischen Signale loszuwerden, da die erforderliche Verkabelung eine Menge Wärme in die Kühlkammern transportiert, in denen sich die Qubits befinden. Aber das ist nicht möglich“, sagt Thomas Werner, ein Doktorand in der Fink-Gruppe am ISTA, Mit-Erstautor der Studie. Daher dachten die Forscher daran, einen elektrooptischen Wandler (Englisch, „transducer“) zu verwenden, der das optische Signal in eine Mikrowellenfrequenz umwandelt – ein elektrisches Signal, das die Qubits verstehen können. Als Antwort reflektieren die Qubits ein Mikrowellensignal, das der elektrooptische Wandler in ein optisches Signal umwandelt. Werner betont die Schwierigkeit der Aufgabe: „Wir haben gezeigt, dass wir infrarotes Licht in die Nähe der Qubits schicken können, ohne dass sie dadurch ihre Supraleitfähigkeit verlieren.“ Durch die Verwendung des elektrooptischen Wandlers als Schalter konnte also das Team die Qubits direkt mit der Außenwelt verbinden.

Überwinden der Qubit-Barriere und andere Vorteile

Für ‚nützliche‘ Berechnungen mit Quantencomputern sind Tausende oder sogar Millionen von Qubits erforderlich. Die Infrastruktur hat jedoch Schwierigkeiten, damit Schritt zu halten, da die kryogene Kühlung, die benötigt ist, um die Qubits zu erkennen und zu messen, unerschwinglich ist. „Unsere Technologie kann die Wärmebelastung bei der Messung supraleitender Qubits erheblich verringern. Dadurch können wir die Qubit-Grenze durchbrechen und die Anzahl der Qubits, die im Quantencomputing verwendet werden können, erhöhen“, sagt Arnold.

Das Erreichen einer vollständig optischen Auslesung supraleitender Qubits ermöglichte es den Forschern auch, den Aufbau von vielen seiner schwerfälligen elektrischen Komponenten zu befreien. Das elektrische Signal in herkömmlichen Auslesesystemen ist sehr fehleranfällig und erfordert eine umfangreiche Signalkorrektur mit vielen technisch begrenzten und teuren elektrischen Komponenten, die zudem auf kryogene Temperaturen gekühlt werden müssen. „Indem wir die Qubits mit dem elektrooptischen Wandler von der elektrischen Infrastruktur abkoppelten, konnten wir alle übrigen Teile des Aufbaus durch Glasfaseroptik ersetzen“, sagt Werner. Das macht das System nicht nur robuster und effizienter, sondern senkt auch seine Kosten.

Kopplung von supraleitenden Quantencomputern über Raumtemperatur-Verbindungen

Diese Technologie könnte dazu beitragen, die Zahl der nutzbaren supraleitenden Qubits noch weiter zu erhöhen, da die Wissenschafter mehrere Quantencomputer mithilfe von Licht miteinander verbinden können. Derzeit benötigen Quantencomputer sogenannte „Verdünnungs-Kühlschränke“, um den gesamten Messaufbau zu kühlen, einschließlich aller erforderlichen Verbindungen zwischen den Prozessormodulen. „Aber auch diese Verdünnungs-Kühlschränke haben praktische Grenzen und können nicht unendlich groß gebaut werden“, sagt Arnold. Die Platz- und Kühlungsbeschränkungen wiederum begrenzen die Anzahl der nutzbaren Qubits. Doch nun könnte die Verbindung von zwei Qubits in zwei getrennten Verdünnungs-Kühlschränken über eine Glasfaser in greifbare Nähe rücken, so die Forscher. „Die Infrastruktur ist vorhanden, und jetzt haben wir die Technologie, mit der wir die ersten einfachen Quantencomputer-Netzwerke aufbauen können“, sagt Arnold.

Das Physikerteam am ISTA hat einen wichtigen Meilenstein in der Entwicklung supraleitender Quantenhardware erreicht, aber es bleibt noch viel zu tun. „Die Leistung unseres Prototyps ist noch recht begrenzt – insbesondere im Hinblick auf die benötigte und abgeleitete optische Leistung. Dennoch dient er als Grundsatzbeweis dafür, dass ein vollständig optisches Auslesen von supraleitenden Qubits überhaupt möglich ist. Es wird die Aufgabe der Industrie sein, die Technik weiter voranzutreiben“, so Arnold.

 


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