zusammengefasst werden. Eine häufige Form der Leukämie ist die Akute Myeloische Leukämie (AML), bei der frühe Vorstufen der Blutzellen entarten – die Stammzellen und die daraus hervorgegangenen Vorläuferzellen. Trotz Behandlung mit intensiver Chemotherapie überleben nur zwischen 20 Prozent und der Hälfte der Erkrankten die ersten fünf Jahre nach Diagnose und Behandlung. Hinzu kommt, dass die intensiven Therapien insbesondere die blutbildenden Stammzellen schädigen und somit sehr starke Nebenwirkungen haben und. Neue Therapieansätze werden deshalb dringend gesucht.
Dazu gehören Immuntherapien, wie sie Evelyn Ullrich mit ihrem Team an der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin der Universitätsmedizin Frankfurt erforscht. „Immuntherapien nutzen die natürliche Schlagkraft des Immunsystems gegen bösartig veränderte Leukämiezellen“, erklärt die Professorin für Zelluläre Immunologie. Die Krebszellen werden dabei zum Beispiel von Killerzellen des Immunsystems erkannt. Eine T-Killerzelle besitzt dazu auf ihrer Oberfläche eine Struktur, die wie eine Art Schloss geformt ist, in die eine entsprechende Struktur auf der Krebszelloberfläche wie ein Schlüssel hineinpasst. Fachsprachlich nennt man das Schloss der T-Killerzelle „Antigenrezeptor“ und den Schlüssel „Antigen“. Steckt der „Schlüssel“ im „Schloss“, kommt es also zur Bindung von Antigen und Rezeptor, tötet die T-Killerzelle die Krebszelle ab. „Den Antigenrezeptor können wir heute so maßschneidern, dass er auf ein bestimmtes Merkmal eines Tumors aufmerksam gemacht wird“, führt die Medizinerin aus. Dazu werden T-Killerzellen aus dem Patientenblut aufgereinigt. Anschließend wird mit gentechnischen Verfahren ein sogenannter chimärer Antigenrezeptor (CAR) eingefügt, der die Eigenschaften mehrerer Proteine so vereint, dass der Angriff auf diesen speziellen Tumor optimiert wird.
T-Killerzellen mit chimärem Antigenrezeptor (CAR-T-Zellen) werden bereits erfolgreich in der Behandlung von Leukämien eingesetzt. Alternativ kommt inzwischen auch eine andere Art von Killerzellen zum Einsatz, sogenannte Natürliche Killerzellen (NK). Sie erkennen entartete Zellen nicht an bestimmten Antigenen, sondern über andere Anomalien an deren Oberfläche. Stattet man sie zusätzlich mit einem chimären Antigenrezeptor aus, können sie Krebszellen auf zwei Wegen bekämpfen. Ein weiterer Vorteil ist, dass CAR-NK-Zellen in bisherigen klinischen Studien kaum Nebenwirkungen verursachen.
Allerdings verfügen Krebszellen über verschiedene Tricks, um sich dem Angriff der Immunzellen zu entziehen. So können sie unter anderem Immunzellen vor dem Beginn eines Angriffs einfach abzuschalten. Dazu dient eine Kontrollstelle in Form eines Eiweißes auf der Oberfläche der Immunzelle. Dieser „Immuncheckpoint“ überprüft jede einzelne Zelle, die an den Antigenrezeptor gebunden hat, noch einmal explizit darauf, ob es sich nicht doch um eine körpereigene Zelle handelt. Letztere geben dem Kontrollpunkt eine entsprechende Rückmeldung, woraufhin der Immunangriff unterbleibt. Im gesunden Körper sorgt dies dafür, dass Immunzellen nicht versehentlich normale Körperzellen angreifen und großen Schaden anrichten.
Da Krebszellen im Ursprung auch körpereigene Zellen sind, können manche von ihnen ebenfalls mit dem Checkpoint kommunizieren und den Angriff von Immunzellen stoppen. Das kann auch die CAR-Immunzellen betreffen und ist bei derzeitigen Immuntherapien ist daher ein großes Problem. Immuntherapien werden deshalb häufig mit Medikamenten kombiniert, die die Immuncheckpoints auf den Immunzellen abschirmen, so dass Krebszellen nicht mehr darauf zugreifen können.
Ullrichs Team hat aber einen weiteren Weg gefunden, um die Abschaltung der maßgeschneiderten Immunzellen zu verhindern. In Laborexperimenten gelang es den beiden Doktoranden Tobias Bexte und Nawid Albinger, in NK-Zellen, die sich spezifisch gegen AML-Zellen richteten, einen wichtigen Immuncheckpoint komplett ausschalten. Dazu zerschnitten sie das entsprechende Gen mithilfe der „Genschere“ CRISPR/Cas, sodass der Kontrollpunkt nicht mehr gebildet wurde. Auf diese Weise verhinderten die Forscher erfolgreich, dass die Krebszellen – in Versuchen mit Zellen aus Patient*innen – eine Immuntoleranz erzwingen konnten.
Die CAR-NK-Zellen ohne Immuncheckpoint konnten Krebszellen aus AML-Patient*innen deutlich besser töten als NK-Zellen, die entweder nur den CAR-Rezeptor trugen oder denen ausschließlich der Immuncheckpoint fehlte. „Besonders vielversprechend ist, dass unsere doppelt modifizierten NK-Zellen selbst gegen Krebszellen wirkten, deren molekulares Profil oft mit erhöhter Therapieresistenz einhergeht”, erläutert Tobias Bexte, Clinician Scientist an der Goethe-Universität. Mäuse, denen die Forschenden menschliche AML-Zellen übertrugen, überlebten deutlich länger, wenn sie diese doppelt modifizierten NK-Zellen erhielten – selbst bei deutlich reduzierten Wirkstoffdosen. „Zukünftige Studien müssen nun klären, ob die maßgeschneiderten Immunzellen auch im Menschen wirken“, fasst Ullrich die nächsten Schritte und Ziele ihrer Forschung zusammen.
Journal
Nature Communications
Method of Research
Experimental study
Subject of Research
Cells
Article Title
CRISPR/Cas9 editing of NKG2A improves the efficacy of primary CD33-directed chimeric antigen receptor natural killer cells
Article Publication Date
30-Sep-2024