News Release

Zellen, Daten, Sterne: Drei neue ERC-Projekte am ISTA

EU-Förderung für Lisa Bugnet, Alicia Michael und Marco Mondelli, die neuesten ERC Starting Grant-Empfänger:innen des ISTA

Grant and Award Announcement

Institute of Science and Technology Austria

Marco Mondelli

image: Computerwissenschafter Marco Mondelli am Institute of Science and Technology Austria (ISTA). view more 

Credit: © ISTA

4,8 Millionen Euro gehen heuer in Form von ERC Starting Grants an Wissenschafter:innen des Institute of Science and Technology Austria (ISTA). Die vom Europäischen Forschungsrat (ERC) an Nachwuchsforschende vergebenen Starting Grants unterstützen diese dabei, Projekte zu starten und zu entwickeln, qualifizierte Teams aufzubauen und Spitzenforschung zu betreiben. Alle drei ERC-Gewinner des ISTA verkörpern die von Neugier getriebene Mission des Instituts: Sie untersuchen, wie Zellen Zeit messen, verbessern, wie wir unsere Sterne datieren, und optimieren wie man sinnvolle Informationen aus ständig wachsenden Datenbergen gewinnt.

 

ERC Starting Grants werden an in Europa ansässige Forschende vergeben, die innerhalb der letzten zwei bis sieben Jahre promoviert haben. Diejenigen, die das strenge Auswahlverfahren durchlaufen haben, erhalten bis zu 1,5 Millionen Euro, eine Summe, die über einen Zeitraum von bis zu fünf Jahren verwendet werden kann. In einigen Fällen werden zusätzliche Mittel für Umzug oder neue Ausrüstung gewährt.

 

Wie kann man aus weniger mehr machen? Der Medizin helfen, die Nadel im Heuhaufen zu finden

Marco Mondelli ist bereits seit 2019 am ISTA. Der 35-jährige Informatiker aus Siena, Italien, promovierte an der École Polytechnique Fédérale de Lausanne (EPFL), bevor er als Postdoc an die Stanford University ging. Im Jahr 2019 gewann Mondelli den Lopez-Loreta-Preis und kam ans ISTA, um seine Forschungsgruppe zusammenzustellen. Mit dem ERC Starting Grant in Höhe von 1,66 Millionen Euro ist Mondellis Team nun bereit für eine weitere Expansion. 

In Mondellis Projekt „INF²“ geht es darum, die Art und Weise, wie wir Informationen aus Daten extrahieren, zu vereinfachen – nicht nur, um mit weniger mehr zu erreichen, sondern auch, damit weniger mehr bedeutet. „Klassische statistische Methoden sind einfach nicht für hochdimensionale Probleme geeignet“, so Mondelli. „Mein Projekt zeigt hier einen neuen Weg auf.“ INF² verwendet einen ‚Mean-Field‘-Ansatz, um komplexe, hochdimensionale Daten in niedrigdimensionale Äquivalente zu überführen, die die Daten trotzdem noch genau charakterisieren.

Das Projekt hat viele potenzielle Anwendungen: von der Datenkomprimierung mithilfe von Auto-Encodern, bis hin zu großen Sprachmodellen (LLMs), die damit besser aus dem Kontext lernen können. Mondelli hebt insbesondere die potenzielle Bedeutung des Projekts für die personalisierte Medizin hervor – ein erheblicher Teil des Projektes ist sogenannten genomweiten Assoziationsstudien (GWAS) gewidmet, bei denen Teile des Patientengenoms ermittelt werden, die mit Krankheiten in Verbindung stehen. Dazu werden die Gesundheitsdaten von Hunderttausenden von Menschen mit Millionen von DNA-Paaren verknüpft. Mondelli ist hier zuversichtlich, dass sein Team diese Analysen schneller und genauer machen wird.

Obwohl Starting Grants immer an einzelne Wissenschafter:innen vergeben werden, liegt es Mondelli am Herzen, sowohl dem ISTA zu danken, als auch seinem wachsenden Team am Institut. „Das ISTA ist ein fantastisches Umfeld für den Beginn einer Professur. Ich möchte mich bei allen Doktorand:innen und Postdocs bedanken, mit denen ich zusammenarbeiten durfte. Die Vorarbeiten, die die Grundlage für mein ERC-Projekt bilden, wurden größtenteils von ihnen geleistet.“

 

Was haben Säugetiere und Algen gemeinsam? Zeitmessung in Zellen verstehen

Die zweite Starting Grant-Empfängerin, welche erst im vergangenen April zum Institut gestoßen ist, ist Alicia Michael. Die 36-Jährige stammt ursprünglich aus dem US-Bundesstaat Washington und ist ausgebildete Biochemikerin. Bevor sie ans ISTA kam, promovierte sie an der UC Santa Cruz und arbeitete als Postdoc am Friedrich-Miescher-Institut für Biomedizinische Forschung und an der Universität Basel. Mit ihrer ERC-Förderung in Höhe von 1,62 Millionen, möchte Michael grundlegende Fragen darüber beantworten, wie Gene aktiviert werden.

Michaels Projekt „ChromaChrono“ nutzt die zirkadianen Rhythmen als ‚Linse‘ zur Untersuchung der Genregulierung, und baut dabei auf bereits erfolgreichen Methoden ihres Teams auf. „Wir versuchen auf einer grundlegenden Ebene zu verstehen, wie Gene an- und ausgeschaltet werden“, erklärt Michael. Die Erforschung der zirkadianen Rhythmen – der biologischen Uhr in Organismen – ist dafür ein Mittel zum Zweck. Letztendlich ist die Genregulierung, so Michael, „ein grundlegender Aspekt der Biologie, dazu wie die DNA eine Blaupause für das Leben ist.“ 

ChromaChrono wird eine Reihe von Ansätzen verwenden, beispielsweise die Kryo-EM-Technologie des ISTA zur Untersuchung der Interaktion von Proteinen mit der DNA auf struktureller Ebene, oder die Kryo-Elektronen-Tomographie. Letztere wird benutzt, um die Interaktionen innerhalb der Zelle im Detail zu verstehen. In Michaels Projekt werden mehrere eukaryotische Organismen untersucht. Neben Mäusen und Menschen wieder dabei sein wird auch ‚Chlamy‘ (Chlamydomas reinhardtii), eine einzellige Alge mit starken zeitlich-gesteuerten Rhythmen. Diese Art der Forschung bringt zahlreiche Vorteile mit sich, sowohl wissenschaftlich als auch technisch. Durch die Vielfalt der untersuchten Zellen kann man Organismen vergleichen und Gemeinsamkeiten der Funktionsweise dieser Prozesse in verschiedenen Systemen aufdecken. 

Michael sucht derzeit nach Postdocs mit Interesse bzw. Fachwissen im Bereich der Tomographie und wird in Kürze damit beginnen, auch Doktorand:innen für ihr wachsendes Team zu rekrutieren.


Wie interpretiert man die Lieder unserer Sterne? Magnetfelder und Alterung im Universum

Die dritte ERC-Starting-Grant-Empfängerin des ISTA ist Lisa Bugnet, die erste Astrophysikerin des Instituts. Als Bugnet 2023 ans ISTA kam, wurde sie mit 28 Jahren, laut öffentlich zugänglichen Informationen, die jüngste Professorin Österreichs. Aufgewachsen in Les Côtes d'Arey, Frankreich, promovierte Bugnet 2020 nach nur drei Jahren an der Universität Paris Cité. Anschließend war sie zwei Jahre lang als Flatiron Fellow am renommierten Flatiron Institute in New York City tätig. Mit ERC-Fördermitteln in Höhe von rund 1,5 Millionen Euro werden die 29-Jährige und ihr Team am ISTA nun eine kritische Wissenslücke schließen, die unser Verständnis des Universums noch immer behindert: unsere Fähigkeit, das Alter von magnetischen Sternen genau zu bestimmen.

Entsprechend Bugnets Vorhersagen über die Klänge magnetischer Sterne wurden jüngst in mehreren Roten Riesensternen stabile Magnetfelder in den strahlenden Kernen gezeigt – also weit unterhalb ihrer sichtbaren Oberfläche. Bugnets Projekt „Calcifer“ versucht zu verstehen, welche Rolle diese großen verborgenen Magnetfelder bei der Entwicklung unserer Sterne spielen – eine Rolle, die bisher weitgehend ignoriert wurde. Das Projekt wird voraussichtlich einige unserer grundlegendsten Annahmen über die Entwicklung von Sternen verändern. „Wenn wir an die Sonne denken, sehen wir diesen sehr stabilen Plasmaball“, erklärt Bugnet. Bei Sternen gibt es jedoch nur wenig, was stabil ist. Irgendwann wird sich unsere Sonne, wie alle anderen Sterne in ihrer Größenordnung, zu einem Roten Riesen entwickeln. Wir wissen zwar, dass dies in ungefähr fünf Milliarden Jahren der Fall sein wird, doch die derzeitigen Modelle für diesen Zeitrahmen konnten die Auswirkungen der Magnetfelder nicht berücksichtigen. Bugnet will dies ändern, indem sie die Asteroseismologie – die Untersuchung von Schwingungen in Sternen durch die von ihnen erzeugten Töne und anderen Wellen – nutzt, um Magnetfelder unter der Oberfläche von Sternen zu untersuchen. So will sie umfassendere Aussagen darüber treffen, wann und wie die Felder die Entwicklung von Sternen wie der Sonne beeinflussen. „Wir erstellen so das erste zusammenhängende und umfassende Bild der magnetischen Entwicklung von Sternen“, so Bugnet.

Ein Teil der Mittel wird für die Erweiterung ihres Teams um vier neue Forschende verwendet. „Es ist eine Herausforderung, eine Gruppe zusammenzubringen, die junge Sterne, Riesensterne und auch kompakte Weiße Zwerge am Ende ihres Lebens abdeckt. Aber es ist wichtig, eine Brücke zwischen den Communities zu schlagen und Magnetfelder als einen wichtigen Aspekt der Entwicklung von Sternen zu behandeln“, erklärt Bugnet.

 

ISTA: Großer Erfolg mit ERC Grants

Obwohl das Institut erst 2009 seine Pforten öffnete, ist es eine der erfolgreichsten Forschungseinrichtungen in Europa, wenn es um ERC Förderungen geht. Während die durchschnittliche Erfolgsquote bei ERC Frontier Grants normalerweise zwischen 8 und 15 % liegt, kann das ISTA beeindruckende 48 % vorweisen. Mit der aktuellen Entscheidung des Forschungsrates für die Projekte von Bugnet, Michael und Mondelli haben nun schon 80 % der ISTA-Professor:innen einen oder mehrere ERC Grants erhalten.


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